Kratom

Kratom ist eine Baumart (Mitragyna speciosa) die ursprünglich aus Südostasien stammt und durch die in den Laubblättern enthaltenen µ-opioiden Wirkstoffe Mitragynin und 7-Hydroxymitragynin eine analgetische, euphorisierende, manchmal auch sedierende aber auch eine abhängigkeitserzeugende[1][2] Wirkung hervorrufen kann und sowohl als Rauschmittel, Entwöhnungsmittel und Arzneimittel verwendet wird. Die geernteten Laubblätter werden frisch und getrocknet gebraucht und unter anderem außerdem als Biak, Katawn, Krton, Mabog oder Mambog bezeichnet.

Physische Erscheinung

Der Baum wird oft auch „Roter Sentolbaum“ genannt, der zwischen 3 bis 12 Meter hoch wird (andere Quellen sprechen von Wuchshöhen von bis zu 10 bis 25 Meter) und grüne, ovale Blätter sowie gelbe Blüten trägt. Die Laubblätter sind in Blattstiel (2 bis 4 cm) und Blattspreite (8,5 bis 14 cm lang und 5 bis 10 cm breit) gegliedert. In kugeligen Blütenständen stehen die 3 bis 5 cm langen Blüten zusammen, während die Früchte länglich-eiförmig sind.

Der psychoaktive Hauptinhaltsstoff ist Mitragynin, das chemisch mit Psilocybin verwandt und ein Halb-Alkaloid ist.

Sorten

Häufig wird für die unterschiedlichen Sorten die Färbung der Blattvenen als Differenzierungsmerkmal verwendet. Die drei verschiedenen Arten von Kratom-Blättern besitzen grüne, rote oder weiße Blattvenen, daher stammen auch die zutreffenden Bezeichnungen: Green Vein, Red Vein und White Vein.

  • Red Vein (Rote Venen): Diese Kratom-Sorte wird als eher sedierend wahrgenommen.
  • Green Vein (Grüne Venen): dies gilt als das Mittelmaß hinsichtlich stimulierender und sedierender Wirkungsweise.
  • White Vein (Weiße Venen): Sie gelten in der Wirkung als stimulierend, motivierend und zur Steigerung der Aufmerksamkeit.

Die Wirksamkeitsvarianz ist jedoch sehr groß und kann sich mit anderen Sorten überlappen. Bislang existieren keine systematischen Untersuchungen welche die unterschiedliche Wirksamkeit oder den Wirkstoffgehalt von Kratom untersucht hätten; genauso wenig fehlen Standards oder Kontrollen der unterschiedlichen Qualität für Händler. Die Wahrnehmung der unterschiedlichen Sorten ist sehr subjektiv; alle Angaben zu den Sorten sind daher mit Vorsicht zu genießen.

Qualitätsstufen

Grundsätzlich lässt sich sagen, umso höher der Preis des Kratoms ist, desto potenter ist das jeweilige Kratom und umso höher die Wirksamkeit. Es wird in unterschiedlichen Qualitätsstufen angeboten, diese variieren jedoch zwischen den Händlern. Wird von qualitativ hohem Kratom gesprochen, so ist dieses oftmals fein gemahlen bzw. sind weniger Pflanzenäste oder andere Verunreinigungen enthalten. Spezifische Bezeichnungen für die Qualität sind folgende: Ultra, Super, Superior, Premium, Standard.

Konsum

Kratom existiert in unterschiedlichsten Verarbeitungsformen wie z.B. in Pulverform oder auch grob zerkleinert (crushed) und kann entweder gekaut, in Form von Joints, per Vaporizer oder in einer Bong geraucht aber auch getrunken werden. Die Blätter des Roten Sentolbaums werden auch oft als Tee zubereitet.

Oraler Applikationsweg

Kratom wird grundsätzlich zerkaut und damit oral aufgenommen. Aufgrund des bitteren Geschmacks werden die getrockneten Pflanzenteile oftmals in ein Joghurt gemischt. Der bittere Geschmack wird auch dadurch vermieden, in dem Kapseln damit aufgefüllt werden bzw. das geriebene Kratompulver mit Milch und Kakao gemischt und getrunken wird.

Applikation per Inhalation

Auch das Rauchen bzw. Verdampfen per Vaporizer (bei einer Temperatur von 175°C-200°C) sind Varianten wie Kratom konsumiert wird.

Nachweisbarkeit

Keine der in Kratom enthaltenen Wirkstoffe werden bislang durch Drogentests gefunden.

Wirkung

Kurzzeitwirkungen

Die Wirkung setzt beim Konsum von Kratom bereits nach 5 bis 10 Minuten ein. Die Ausprägung weist ein großes Spektrum auf und wird gemeinhin als paradox bezeichnet. Das Spektrum ist im Wesentlichen ähnlich dem von schwachen Opioiden. Wird Kratom in kleinen Dosen konsumiert, so wird die Wirkung als euphorisch bzw. stimulierend empfunden, in größeren Dosen als dämpfend. Viele Konsumenten berichten von einer enormen Schlappheit in den ersten 6 Stunden nach der Einnahme. Dies ist der Fall, da der Hauptinhaltsstoff Mitragynin in geringen Dosen die Delta-Opioid-Rezeptoren, in höheren Dosen die Mu-Opioid-Rezeptoren zunehmend stimuliert. Hier handelt es sich um dieselben Rezeptoren, die bei der Opiat-Einnahme stimuliert werden.

Dadurch, dass Kratom an Opioidrezeptoren wirkt, sind schmerzstillende Effekte oftmals die Folge der Einnahme. Bei hohen Dosen wird regelrecht von einer Betäubung des Körpers gesprochen.

Der bittere Geschmack verursacht beim Kauen oftmals Würgereize, Übelkeit und Erbrechen. Bei hohen Dosen führt der Konsum neben Übelkeit oft zu Mundtrockenheit, Appetitverlust, Verstopfung sowie erhöhtem Harndrang. Gelegentlich wurde von Herz- und Kreislaufproblemen sowie einem Anstieg der Körpertemperatur berichtet. Der Inhaltsstoff von Mitragynin, das im Kratom enthalten ist, hat eine relativ lange biologische Halbwertzeit von etwa einem Tag.[3]

Langzeitwirkungen

Häufiger Kratom-Konsum kann schnell zu einer Abhängigkeit führen. Es weist ein für schwache Opioide typisches Abhängigkeitspotential auf – sowohl physisch wie auch psychisch. Eine Studie in Malaysia zeigte, dass die Hälfte derjenigen, die Kratom über mindestens 6 Monate konsumierten, Probleme mit Abhängigkeiten entwickelte.[4]

Konsumenten leiden häufig an Gewichtsverlust sowie dunkler Gesichtspigmentierung; psychische Veränderungen traten außerdem vereinzelt auf.

Bei abrupter Beendigung des Konsums treten sowohl psychische als auch körperliche Entzugssymptome (zum Beispiel Reizbarkeit, Weinen, Durchfall, Muskelschmerzen). Besonders bei langem und exzessivem Kratom-Konsum sind die Entzugserscheinungen Berichten zufolge, wie bereits erwähnt, sehr ähnlich denen eines Opiat- bzw. Opioid-Entzugs. Erkältungsbeschwerden, innere Unruhe, Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Durchfall, Hitzewallungen und Müdigkeit sind häufige Symptome[5], die, je nach Abhängigkeit, nach ca. 4 bis 7 Tagen verschwinden. Gesundheitliche Risiken bzw. Langzeitfolgen sind allerdings bislang nur wenig erforscht.

Das Potential für die psychische Abhängigkeit ist dadurch bedingt, dass die Wirkung vielen Konsumenten hilft den Alltag zu bewältigen, da es Gefühle reduziert, Frustration oder Erschöpfung vermindert. Da die Droge auch stimmungssteigernde Effekte zeigt, wird dieses oft als Selbstmedikation verwendet; so kann das Gefühl entstehen, ohne die Droge den Alltag nicht mehr bewältigen zu können.

Sonstige Gefahren

Neben möglichen Kurzzeitwirkungen wie Würgereize, Übelkeit und Erbrechen, bestehen eine Reihe von Gefahren die beim Konsum von Kratom auftreten können. Einiger dieser Gefahren sind folgende:

Leberschäden

Bereits nach kurzem Konsum der Substanz wurde von Leberschäden und sogar von akutem Leberversagen berichtet. Diese Schäden waren jedoch umkehrbar und hatten keine Tode zur Folge. Untersuchungen von zahlreichen Dauer-Kratom-Konsumenten zeigte jedoch, dass diese Substanz die Leber nicht schädigt. So wird vermutet, dass bei den betroffenen Konsumenten entweder eine genetische Disposition, also eine genetisch bedingte Krankheitsanfälligkeit vorlag, die dafür sorgte, dass die Leber die im Kratom enthaltenen Alkaloide nicht richtig abbauen konnte.[6] oder aber das Kratom Verunreinigungen beinhaltete.

Depressionen

Nachdem die Wirkung des Kratoms nachlässt, kann sich eine leichte Depression bei Betroffenen zeigen. So kann es passieren, dass, um die depressive Verstimmung abzuschwächen, mehr Kratom eingenommen wird, was wiedermum einen Abhängigkeitsprozess bgünstigt.

Mischkonsum

Wird Kratom gemeinsam mit Kokain, Amphetaminen oder auch mit hohen Dosen von Koffein eingenommen, so kann dieser Mischkonsum zu hohem Blutdruck führen. Die Kombination mit Alkohol, Benzodiazepinen, Opiaten kann sogar zu einer „Über-Beruhigung“ und im schlimmsten Fall zu Atemnot führen.

Letalität

Obwohl bis dato kein dokumentierter Todesfall durch den alleinigen Konsum von Kratom vorliegt, ereigneten sich bereits Todesfälle in Zusammenhang von Kratom beim Mischkonsum mit anderen Substanzen bzw. durch aktive Streckmittel (z. B. O-DEST). Es besteht die Vermutung, dass die opioide Wirkung das Ersticken an Erbrochenem oder eine Atemdepression beim Mischkonsum begünstige.

Weitere Verwendungen

Entwöhnungsmittel

Da Kratom als relativ niedrigpotentes Opioid gilt, ermöglicht die Substanz einen Zwischenschritt zur Entwöhnung von starken Opioiden. Für Opioid-Abhängige hat Kratom zumeist keine spürbare euphorisierende Wirkung, jedoch kann es das Abstinenzsyndrom zum Teil aufheben. Es liegen allerdings keine Daten zur Erfolgsrate von Kratom als Entwöhnungsmittel für Opioide vor.

Arzneimittel

In manchen Teilen der Erde wird Kratom, genau wie Opioide als Arzneimittel gegen Durchfall, Fieber und generell Schmerzen eingesetzt. Händler bewerben Kratom oft mit falschen Verwendungszwecken, z. B. als Badesalz, Räuchermischungen oder Färbemittel damit diese den rechtlichen Behanldungen als Arzneimittel entgehen.

Geschichte

In der Literatur findet man erste Einträge über Kratom durch den Niederländer Pieter Willem Korthals. Ursprünglich wurde die Droge in Thailand und Malaysien aufgrund ihrer psychoaktiven Wirkung als Heilpflanze eingesetzt. Heutzutage klassifizieren allerdings diese Länder Kratom als verbotene Droge.[7]

Rechtsstatus

Stand Juni 2018
Bis zum 20. Jahrhundert wurde Kratom in seinen Ursprungsländern Myanmar, Malaysia und Thailand als Opium-Substitutionsmittel konsumiert, in der traditionellen Medizin auch häufig als Durchfallmittel; heutzutage ist es in diesen Gebieten sowie in Australien und Vietnam illegal. In Thailand wurde der Kratombaum bereits im Jahr 1943 verboten, die Bäume mussten gefällt werden.

Indonesien gilt hingegen als größter Exporteur für Kratom. Der Umgang ist in vielen westlichen Ländern nach wie vor unreguliert, was zu einem gewissen Gebrauch als natürliche, opioide Substanz aber auch in betrügerischer Hinsicht oft als Placebo bzw. Verfälschung verkauft wird.

Nachstehend ist eine Auflistung einiger Länder mit dem jeweiligen Rechtsstatus hinsichtlich Kratom-Konsum zu finden.

Asien und Ozeanien

  • ASEAN: Zwischen ASEAN-Mitgliedsstaaten ist es verboten, Kratom als Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel zu handeln.
  • Thailand: Seit dem Jahr 1943 ist es gänzlich verboten Kratom zu besitzen und zu konsumieren.
  • Neuseeland: Da Kratom dort eine verschreibungspflichtige Substanz ist,  ist es illegal für Händler, Kratom ohne Lizenz zu verkaufen.

Amerika

  • Kanada: Seit 2016 ist es illegal Kratom-Produkte zu vermarkten. Die nicht zum Konsum bestimmten Produkte dürfen allerdings gehandelt werden (es ist sozusagen halblegal).
  • Vereinigte Staaten: Durch die DEA sollte im Jahr 2016 Kratom in der gesamten USA verboten werden; es wurde allerdings aufgrund von öffentlichen Drucks Abstand genommen. Dennoch wurde Kratom in mehreren Bundesstaaten eigenmächtig verboten.

Europa

  • Deutschland: Aufgrunddessen, dass Kratom nicht im Betäubingsmittelgesetz aufgelistet ist, gilt es als legal.
  • Schweiz: Seit dem Jahr 2017 ist Kratom illegal.
  • Dänemark: Kratom ist illegal.
  • Griechenland: Kratom ist legal.
  • Großbritannien: Kratom ist seit 2016 illegal.
  • Lettland: Kratom ist illegal.
  • Litauen: Kratom ist illegal.
  • Niederlande: Kratom ist legal.
  • Österreich: Kratom ist legal.
  • Polen: Kratom ist illegal.
  • Rumänien: Seit 2010 ist Kratom illegal.
  • Schweden: Kratom ist illegal.

Weblinks

Einzelnachweise

[1] Kratom (Mitragyna speciosa) dependence, withdrawal symptoms and craving in regular users. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24698080]

[2] The New York Times: Kratom, an Addict’s Alternative, Is Found to Be Addictive Itself

[3] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4425236/

[4] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24698080

[5] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24698080

[6] http://livertox.nih.gov/Kratom.htm

[7] Chittrakarn S, Keawpradub N, Sawangjaroen K, Kansenalak S, Janchawee B: The neuromuscular blockade produced by pure alkaloid, mitragynine and methanol extract of kratom leaves (Mitragyna speciosa Korth.) in Ethnopharmacol (2010)