Cannabis Ruderalis

Cannabis Ruderalis (auch bezeichnet als Ruderalhanf) gehört zur Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae). „Ruderal“ kommt aus dem lateinischen „rudus“, das soviel wie „Klumpen, Brocken“ bedeutet aber auch für „wildwüchsig“ steht und sich auf sein unkrautartiges Wesen sowie seine Ausbreitung in orts- und artenspezifischer Hinsicht bezieht.

Die oftmals auch als russischer Hanf bezeichnete Pflanze ist je nach Lehrmeinung eine Unterart (Cannabis sativa ruderalis) der Cannabis Sativa oder stellt eine eigene Art; die Cannabis Ruderalis, aus der Gattung der Hanfgewächse (Cannabis), dar. Der Artikel behandelt diese Pflanze als eigene Unterart.

Cannabis-Arten

Obwohl weltweit unzählige verschiedene Cannabis-Sorten existieren, die sich in ihren Eigenschaften hinsichtlich Wuchsform, Geschmack, Ertrag und Wirkung unterscheiden, gehören sie doch alle der Cannabaceae Familie an und lassen sich einer der drei Hauptgattungen zuordnen:

Diese Sorten haben in verschiedenen Klimazonen ihren Ursprung; es lassen sich Unterschiede in Aussehen, Blühsystem, Wachstum, Lebensraum, Geschmack und Wirkung feststellen.

Physische Erscheinung

Der Ruderalhanf ist die kleinste aller drei Hanfarten. Manche Quellen sprechen davon, dass sich seine Größe zwischen 30 und 60 cm bewegt.[1] Andere geben eine Wuchshöhe von ein und in Ausnahmefällen sogar von bis zu zwei Metern an.[2] Damit eine Abgrenzung zu den beiden anderen Arten hinsichtlich der Merkmale getroffen werden kann, wird eine Kombination dieser Eigenschaften angegeben: 

  • aufrecht wachsend
  • keine oder kaum Verzweigungen an der Basis
  • sehr kleine und relativ kurze Laubblätter
  • Teilung in sieben oder weniger Blättchen
  • Schließfrüchte sind klein und braun
  • Blütenstände sind klein und grünlich mit brauner Fleckung
  • bei Fruchtreife werden Früchte nach und nach abgeworfen[2][3]

Inhaltsstoffe und Systematik

Cannabis Ruderalis enthält, verglichen mit anderen Cannabisarten, wenig Tetrahydrocannabinol (THC)[4] und Cannabidiol (CBD).

Das Hauptmerkmal des Ruderalhanfs und gleichzeitig der Hauptunterschied zu den beiden anderen Cannabisarten besteht in dem Blühzyklus, der nicht (wie bei Cannabis Sativa und Cannabis Indica) durch Photoperiodismus (Wachstum und Entwicklung ist von der Tageslänge abhängig) induziert wird. Der Cannabis Ruderalis ist nämlich selbstblühend[4], dies bedeutet, dass er nach chronologischer Reifung, in der Regel nach 21 bis 30 Tagen, zu blühen beginnt und dies unabhängig vom Lichtzyklus stattfindet. Züchter sprechen in diesem Zusammenhang von „autoflowering“ (= automatisch blühend). Nach etwa sieben Wochen ist die Reifung der Samen und Blüten abgeschlossen.[5]

Die Pflanze toleriert zudem sehr harte und kalte klimatische Bedingungen und wird dadurch von Züchtern für seine Robustheit geschätzt.

Wirkung und Verwendung

Da der Ruderalhanf im Allgemeinen eine so geringe Konzentration an sowohl THC als auch CBD aufweist, wird dieser, in seiner reinen Form, nicht als Genussmittel oder für medizinische Anwendung angebaut. Die Verwendung des Ruderalhanfs war bis vor einiger Zeit demnach aufgrund der geringen Wirkstoffmenge wertlos. Vom Markt wurde er deshalb für lange Zeit nicht genutzt.

Züchter machen sich nun allerdings den genetischen Faktor, die zuvor erwähnte chronologische Reifung des Cannabis Ruderalis sowie seiner hohen Widerstandsfähigkeit zunutze und kreuzen diesen mit hochpotenten Sorten der beiden anderen Arten C. Sativa und/oder C. Indica. Die aus der Kreuzung neuen entstandenen Sorten, der Hybrid Cannabis, vereinen die besten Eigenschaften der gekreuzten Arten und blühen mitunter bereits nach wenigen Wochen automatisch.

Dies wird als großer Vorteil für viele, besonders in kälteren Gebieten lebende Produzenten, gewertet und/oder für diejenigen die Hanf im Freien anbauen. Unmittelbar nach der Ernte kann neu gepflanzt werden; die Reife der Blüte ist bei dieser Art von der Wachstumszeit und nicht von saisonalen Bedingungen abhängig.

Umfassende Erläuterungen zu dem Thema Wirkungsweise und Anwendungsgebiete der Cannabis-Pflanze sind unter dem Eintrag Cannabis zu finden.

Vorkommen

Während der Ursprung der sativa- und indicadominanten Sorten im südlichen Zentralasien liegt, kam der Ruderalhanf ursprünglich nur im südöstlichen Russland vor; die Hauptverbreitung befindet sich in der ehemaligen UdSSR und den ehemaligen Ostblockstaaten. Vermutlich wurde dieser von den Skythen in die Mongolei importiert und hat sich dort ausgebreitet.

Heutzutage findet man den wilden Ruderalhanf vom Kaukasus bis China vor allem auf steinigen Standorten (=Ruderalstätten) sowie Schuttflächen und Geröllfeldern. In Kanada und den USA trifft man auch auf wild wachsenden Hanf der als Ruderalis bezeichnet wird; hier geht man allerdings davon aus, dass es sich hauptsächlich um verwilderte Indica und Sativa Pflanzen handelt.

Hybrid Cannabis

Neue hochpotente Sorten mit einer speziellen Genetik und den bestmöglichen Eigenschaften zu züchten, ist das Ziel von vielen Cannabis-Bauern. Durch selektive Kreuzung von mehreren Cannabis-Arten lassen sich die besten Eigenschaften zusammenführen: hier spricht man von sogenannten Hybriden.

Obwohl die drei Cannabisarten Sativa, Indica und Ruderalis unterschiedlichen Cannabisfamilien angehören, lassen sich alle untereinander kreuzen. Medizinisches Potential, hoher THC-Gehalt, das Vermögen unter speziellen Anbaubedingungen zu gedeihen sind nur wenige der angestrebten Merkmale.

Dies bedeutet, dass es mittlerweile viele Sorten gibt, welche die Merkmale mehrerer Familien besitzen. Dadurch findet man starke und potente Hybriden, bei denen nicht nur die Wirkung oder die Erträge gesteigert werden konnten, sondern die auch eine Robustheit und mangelnde Anfälligkeit für Krankheiten aufweisen. Tatsächlich handelt es sich bei der Mehrheit der heute am Markt vertretenen Cannabis-Sorten, um Hybride.

Weblinks

Einzelnachweise

[1] http://www.hempopedia.com/botanik/hanfarten.html

[2] Martin Booth: Cannabis: A History. 2005, S. 3, Wuchshöhe

[3] Richard Evans Schultes, William M. Klein, Timothy Plowman, Tom E. Lockwood: Cannabis: an example of taxonomic neglect. In: Botanical Museum Leaflets, Harvard University, Volume 23, Issue 9, 1974, S. 337-367.

[4] D. Gloss: An Overview of Products and Bias in Research. In: Neurotherapeutics: the journal of the American Society for Experimental NeuroTherapeutics. Band 12, Nummer 4, Oktober 2015, S. 731–734

[5] Peter Stafford: Psychedelics Encyclopedia. Ronin Publishing, 2013, ISBN 978-1-579-51169-2, S. 159.